Schneller Speicher? Bitte danke!
Ich interessiere mich ja schon von Berufs wegen gern auch für Computer und Technik und daher habe ich mich in den letzten Tagen mal mit externen SSDs beschäftigt. Die nutze ich schon ewig, um die interne Speicherkapazität meiner Arbeits-Notebooks zu erweitern, die ja meist recht knapp bemessen und insbesondere im Falle der Apple-Geräte nur sehr teuer (nein, völlig überteuert) erweitert werden kann.
Bei datenintensiven Anwendungen wie Bildbearbeitung und Videoschnitt kommt es unbedingt auf eine hohe Datenrate an, denn sonst macht das keinen Spaß. Die Anbindung dieser externen SSDs erfolgt natürlich über USB, was in den letzten Jahren immer mehr zur Standardschnittstelle für alles geworden ist und das Universal im Namen auch endlich mal verdient.
Von diesem Standard gibt es jedoch mehrere „Ableger“ und Weiterentwicklungen, deren Unterschiede nicht immer sofort ersichtlich sind, die aber auf die Datenrate und damit die Arbeitsgeschwindigkeit gravierenden Einfluss haben können.
Dass sich diese Anschlüsse auch noch den gleichen Stecker teilen, ist Fluch und Segen gleichermaßen, denn das macht USB-C zwar noch universeller einsetzbar, aber es birgt eben auch Verwechselungsgefahr, zumal USB-C eben nicht nur Daten transportieren kann, sondern auch Strom – deswegen hat dein Handy wahrscheinlich auch einen solchen Anschluss zum Laden, zumindest wenn du ein Android-Gerät hast. Apple ist von der EU gerade erst zur Implementierung von USB-C in iPhones verdonnert worden.
USB-C gibt es bereits seit 2014 und die Schnittstelle wurde seither über verschiedene, sehr unübersichtliche Versionen und Namensgebungen weiter entwickelt. Am weitesten verbreitet ist derzeit USB-C 3.2 Gen 1 mit 10 Gbps (Gigabit/s) bzw. USB-C 3.2 Gen 2 mit 20 Gbps. Seit einer Weile ist nun aber auch USB4 mit 40 Gbps am Start.
Zu allem Überfluss gibt es auch noch den Thunderbolt-Standard aus der Apple-Welt, der sich ebenfalls den gleichen Stecker teilt und der angibt, wieviel Daten bzw. Strom durch ein entsprechend zertifiziertes Kabel fließen können. Thunderbolt 3 und 4 schaffen beide rechnerisch 40 Gbps, aber nur Thunderbolt 4 kann gleichzeitig externe Displays mit bis zu 8k-Auflösung bei 60Hz ansteuern und maximal 100W Strom liefern.
SO WEIT, SO VERWIRREND
Wie eingangs erwähnt soll es hier aber gar nicht primär um irgendwelche Industriestandards gehen, sondern um externe Festplatten. Die am weitesten verbreiteten sind sicher herkömmliche 2,5″-Festplatten, die noch mit drehenden Spindeln und Schreib-Lese-Köpfen arbeiten. Diese schon recht alte Technik ist immer noch so populär, weil sich damit auch größere Kapazitäten von mehreren Terabyte in kleinen Gehäusen unterbringen lassen, die kein separates Netzteil benötigen, sondern direkt über USB gespeist werden. Der Nachteil dieser Technik ist die geringe Datenrate.
Abgelöst wurden solche mechanischen Festplatten vor einer ganzen Weile durch Festkörperlaufwerke, so genannte SSDs (Solid State Disks). Diese musst du dir als aneinandergereihte SD-Karten vorstellen, nur wesentlich schneller. Und weil sich darin nichts mehr bewegt, sind SSDs auch ziemlich unverwürstlich. Der Nachteil dieser Speichertechnik ist der vergleichsweise hohe Preis. Will man also mehrere Terabyte auf einer SSD unterbringen, muss man ziemlich tief in die Tasche greifen. Die Preise sind allerdings mit zunehmender Verbreitung in den letzten Jahren stark rückläufig.
Welche Technik du brauchst, hängt an der Frage, wie der Speicher eingesetzt werden soll. Zur reinen Archivierung muss die Datenrate nicht sonderlich hoch sein, denn Archivdaten werden in der Regel nicht dauernd verändert. Anders sieht es aus, wenn mit den auf der externe Platte gespeicherten Daten regelmäßig gearbeitet werden soll. Klassisches Beispiel wäre die oben erwähnte Bildbearbeitung oder auch Videoschnitt. Hierfür ist eine hohe Datenrate unerlässlich.
WAS WAR, WAS WIRD?
Bislang hatte ich an meinem Macbook Pro eine SanDisk Extreme PRO® Portable SSD V2 mit 1 TB, auf der ich einen Teil meines Lightroom-Archivs gespeichert habe. Ich habe meine Arbeitsumgebung so eingerichtet, dass ich das laufende Fotojahr lokal am Rechner habe, damit ich aktuelle Fotos schnell bearbeiten kann. Die Altjahre lagern auf einem Netzwerkspeicher, der – wie der Name schon sagt – nicht direkt am Notebook hängt, denn da muss ich nicht so oft dran.
OK, ziemlich resolut sind die Biester ja!
Diese SanDisk-SSD läuft mit USB 3.2 und erreicht damit auf dem Papier des Herstellers „Lese-/Schreibgeschwindigkeiten von 2.000 MB/s“2. Der aufmerksame Leser bemerkt zwei Dinge:
Die Fußnote 2, die natürlich darüber informiert, dass da eigentlich „bis zu 2.000 MB/s“ stehen sollte, denn das sind nur theoretische Maximalwerte, die „auf unternehmensinternen Tests basieren; die Leistung kann je nach Host-Gerät, Schnittstelle, Nutzungsbedingungen und anderen Faktoren geringer sein“
Die Einheit MB/s, die so schön überhaupt nicht mit den Geschwindigkeitsangaben des USB-Standards übereinstimmt, denn MB/s sind Megabyte pro Sekunde, der Standard beschreibt aber Gigabit pro Sekunde. 2000 MB/s sind umgerechnet 16 Gbit/s und damit 4 Gbit/s weniger, als der Standard hergeben würde.
So schlecht hört sich das gar nicht an, allerdings schmilzen diese theoretischen Werte in der Praxis – wie der Hersteller ja schon vorwarnt – deutlich zusammen. So erreichte die SanDisk Extreme Pro an meinem 2021er Macbook Pro mit Thunderbolt 4 lediglich 823 MB/s schreibend und 903 MB/s lesend. An einem aktuellen Lenovo Thinkpad X13 Gen 3 mit USB4 lagen die Werte mit 843 MB/s schreibend und 919 MB/s lesend ganz ähnlich. Das ganze allerdings wohlgemerkt auch nur mit einem hochwertigen Kabel, denn das macht durchaus einen Unterschied! Mit irgendeinem langen (und meist minderwertigen) USB-Ladekabel vom Handy können diese Raten nochmals gravierend kleiner ausfallen.
Die vollmundigen Ankündigungen der SSD-Hersteller sind also in der Praxis nicht zu halten, was jedoch nicht nur SanDisk anzukreiden ist, sondern auch bei Western Digital (denen SanDisk mittlerweile gehört), Samsung und Crucial beobachtet werden kann – jedenfalls soweit ich das hier mit meinen Laufwerken getestet habe.
DARF’S EIN BISSCHEN MEHR SEIN?
Es wäre ja schön, wenn man die theoretisch möglichen Datenraten in der Praxis auch nur annähernd erreichen könnte. Und damit kommen wir zu der eigentlichen Erkenntnis, die ich in den letzten Tagen gewinnen konnte: Selber bauen ist die Devise!
Statt einer fertigen SSD habe ich mir bei der Amazone ein mit 40 Gbps spezifiziertes Gehäuse gekauft und dieses mit einer schnellen NVMe-SSD im 2280-Format bestückt (in meinem Fall einer WD SN770 mit 2 TB).
Und siehe da, diese Kombination geht ab wie Schmidts Katze und bringt mir am Macbook satte 1.937 MB/s schreibend und 2.724 MB/s lesend. Das ist mal ein ganz anderer Schnack.
Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis komme ich auch am USB4-Port des Thinkpad X13. Hier sind es 2.189 MB/s schreibend und 1.990 MB/s lesend.
Für optimale Ergebnisse auf Windows-Rechnern ist es wichtig, in den Eigenschaften der Festplatte den Schreibcache zu aktivieren, der bei den meisten Installationen standardmäßig deaktiviert ist, damit die Platten einfach abgezogen werden können (statt sie über das Taskleisten-Symbol sicher zu entfernen).
Ebenso unerlässlich ist die Verwendung eines entsprechend tauglichen Kabels. Bei den meisten Leergehäusen wird schon ein entsprechendes Thunderbolt/USB4-Kabel mitgeliefert und die richtige Freude wird auch nur mit diesem aufkommen. Es passt zwar jedes andere USB-C-Kabel gleichermaßen, aber in meinem recht weit ausgeholten Text oben hast du ja gelernt, dass das nur ein Teil der Wahrheit ist. Erkennbar sind die schnellen Kabel an einer aufgedruckten 4 mit Blitz oder der Angabe 40 Gbps.
Bezahlt habe ich für Gehäuse und SSD zusammen ca. €260 und damit in etwa das gleiche, was die SanDisk Extreme Pro Portable mit gleicher Kapazität kostet. OK, meine Selbstbaukombi ist nicht so schön gummiummantelt, stoßfest und wasserdicht, aber das muss sie auch nicht, denn hier auf dem Schreibtisch ist es meist trocken. Da ist mir die mehr als doppelte Geschwindigkeit schon deutlich wichtiger!
UPDATE 08.02.2023
Mit einer 1 TB WD SN850x komme ich nun sogar auf 1.981 MB/s schreibend und 2.807 MB/s lesend. Es bleibt zu konstatieren, dass diese Werte sehr stark von der verbauten SSD und innerhalb des gleichen Modells auch noch von der Kapazität abhängen. Eine SSD mit 1 TB kann durchaus andere Werte erzielen, als das gleiche Modell mit 2 TB oder 500 GB. Da hilft am Ende wirklich nur Ausprobieren.